MADELEINE SCHÜPFER
Stetig neuen Horizonten auf der Spur
Härkingen - Pedro Meier stellt in der Alten Kirche seine Werke aus
Der Oltner Maler Pedro Meier zeigt noch bis am 16. November in der Alten Kirche Härkingen seine neuesten Arbeiten zur Thematik «Neue Horizonte».
Pedro Meier lebt und arbeitet im >Berna Gebäude< im Industriequartier in Olten und trauert immer noch seinem Atelier im Gugelmann-Fabrikareal in Roggwil nach, das durch einen Brand und die nachfolgende «Entsorgung» zerstört wurde. Wohl hat er wieder Bücher erstanden, die seine Arbeits- und Wohnräume völlig ausfüllen, aber dennoch gingen viele von interessanten Schriftstellern signierte Bücher und seine umfangreichen Kunstschätze verloren. Pedro Meier ist ein leidenschaftlicher Leser und Sammler von alten Schriften und bibliophilen Büchern, vorab aber ein leidenschaftlicher Maler, der in einer besonderen Art von Besessenheit ans Arbeiten geht, wenn es ihn packt.
Gesamtkunstwerk geschaffen
In der Alten Kirche Härkingen hat Pedro Meier mit seinen grossformatigen Bildern, mit viel Gespür für malerische Zusammenhänge, ein Gesamtkunstwerk geschaffen, eine eigentliche Rauminstallation, die beeindruckt und berührt. Im Chorraum an der hohen Wand steigt ein helles, pastellfarbenes Bild empor, durchzogen im unteren Teil von rötlichen Schimmern, zartem Blau, viel weisser Helligkeit, die über den Bildrand hinaus sich im Gewölbe des Chorraums aufzulösen scheint. Poetisch und mystisch zugleich erlebt man in hellen Schattierungen die Bewegtheit der angedeuteten Linien und Schichtungen, das Sprühende und Sichverlierende, so als hätte der Augenblick keine Begrenzung und verlöre sich in der Unendlichkeit. «View from the Sky» nennt er diese beeindruckende Arbeit, die dem Raum eine besondere Ausstrahlung gibt. An den Seitenwänden hängen zwei kleinere Bilder zum Thema «Harmonie –Terra Inkognita» und «Thomas Morus - Island of Utopia» in wunderschönen verhaltenen Farben.
Meier hält - wenn man es genau nimmt - ständig Ausschau nach neuen Horizonten. Sein Leben, seine künstlerische und literarische Tätigkeit ist geprägt von grosser Unruhe und heftiger Leidenschaftlichkeit, die plötzlich wieder in eine ruhigere Phase hineinmünden. Er lebt intensiv mit Büchern, weil in ihm ein starkes Bewusstsein für Menschheitsgeschichte steckt. Ihn berührt es, wenn er alte Schriften entdeckt, Texte über wissenschaftliche und philosophische Zusammenhänge lesen kann und wenn er dem Menschen und seiner Kulturgeschichte auf der Spur sein kann.
Differenzierte Auseinandersetzung
Seine höchst malerischen Bilder erzählen von organisch gewachsenen Prozessen. Das Gefühl für Zeit und Vergänglichkeit, für Erkennendes und Verlierendes, für Räume zwischen den eigentlichen Räumen, für menschliche Existenz beschäftigen ihn. Sein Freiheitsdrang, sich im Ungewöhnlichen heimisch zu fühlen, motiviert ihn zu grosszügigen Bildern, zu einer Malerei, die sich heftig und temperamentvoll auf grossen Leinwandflächen auslebt, mit Pigmenten und Fremdfarbstoffen spielt, Zufälliges in Bewegung bringt und erst zur Ruhe kommt, wenn Farben, bald kraftvoll, dann wieder voller mystisch wirkender Poesie, miteinander in einen Dialog treten.
Im Bild «On Shore - Off Shore» erlebt man eine solch differenzierte Auseinandersetzung mit fantastischen inneren Vorgängen, die ausserhalb des Wirklichen ihre formale Gestaltung suchen und Eigendynamik entwickeln, so als hätte da einer eine Landschaft erschaffen in erdigen, dunkel gefärbten Tönen, aufgehellt durch leuchtendes Blau, Rot oder Gelb, eben «Arcadia». Dieses Bild ist voller innerer Kraft und macht sichtbar, wie prägnant Pedro Meier seine Bildflächen zu bearbeiten versteht, bis sie in die endgültige Aussage einfinden, Seine Arbeiten zeigen sein sicheres Gespür für organisch Gewachsenes auf, das nicht einfach intellektuell erfasst werden will, sondern um die Ganzheitlichkeit menschlicher Existenz ringt.
Fesselnd sind auch drei Bilder zum Thema «Mecklenburg-Vorpommern – Memory - Island of Rügen» in Himmelsfarben gemalt, viel verwischtes Blau, Spuren von fliessenden Teerfarbstoffen, mit leichtverwässerten, offenen Stellen. Ein «Triptychon» von bestechender Schönheit, das mystisch und verschlüsselt von menschlicher Präsenz erzählt.
Seine abstrakten Kompositionen leben aus den Farben heraus, die er in unterschiedlichen Techniken zum Tragen bringt. Bald subtil und sehr verhalten, dann wieder leuchtend und kraftvoll. Er liebt die erkennbaren Pinselstriche, die Leuchtkraft der Farben, die dank eines ausgeklügelten Systems überhaupt zur Wirkung kommen. Öl, Lack, Tempera, Farbpigmente, Asphaltlack, Teerfarbstoffe, wasserlösliche Farben auf Leinwand, Nessel und Baumwolle sind seine Techniken. Ständig variiert er und schafft neue Spannungsfelder.
In Farbräume eintauchen
Pedro Meiers «Neue Horizonte» sind unendlich, sind mystisch und verträumt. Organisch Gewachsenes fügt sich ganz selbstverständlich in bewusst Gesetztes. Es haftet diesen Bildern etwas Philosophisches an, etwas Existenzielles. Man taucht ein in Farbräume voller Bewegtheit, erlebt raffinierte Aufhellungen, Rundungen mit Licht gefüllt, oder man sucht nach Spuren in der Fülle fein differenzierter Farbschichtungen. Der Besuch dieser Ausstellung lohnt sich.
Die Öffnungszeiten sind Freitag, 19-21 Uhr, Samstag und Sonntag von 14-18 Uhr.
Die «Neuen Horizonte» von Pedro Meier sind bis am 16. November ausgestellt
MADELEINE SCHÜPFER
Mittelland Zeitung
(Verbund von: Oltner Tagblatt, Aargauer Zeitung, Solothurner Zeitung, Zofinger Tagblatt)
Montag, 3. November 2003